Reisebericht Frankfurt-Dubai-Delhi
Goood morning, Germany! Da sind wir also nun.
Chandigarh, India. 37° C, 90% Luftfeuchte. Man könnte auch sagen: ich entwickle hier Körpersäfte, von denen ich vorher gar nicht wusste, dass sie existieren. Naja Manju hatte uns ja vorgewarnt. Aber trotzdem, den ganzen Tag ohne Deckenventilator halte ich nicht aus. Zum Glück hab ich auch noch den kleinen aus unserem Abschiedsgeschenk. *juhu* Nachts stört der Ventilator allerdings, daher schlafen wir ohne und wachen schweißgebadet wieder auf.
Oh, achso, vielleicht sollte ich mal am Anfang anfangen? Nagut, weil ihr so nett fragt. :-)
Warten, warten, warten...
FRANKFURT - DELHI
Erstmal bin ich froh, gesund und munter hier angekommen zu sein. Naja wie gesund weiß man ja noch nicht, aber ich bin erstmal guter Dinge. Nach stundenlangem Warten am Frankfurter
Bahnhof, einem fulminantem Maxi-Menue im wohl schoensten McDonalds Deutschland (weil mit Panorama-Aussicht auf die Landebahn) und weiteren 5 Stunden Flug nach Dubai, wo wir 4 Stunden zwischen Schlaf und Wach auf den Anschluss warten mussten, ging es mit Flug EK510 Emirates in gut 2:45h weiter nach Delhi. Auf dem Dubaier Flughafen hat mich vor allem ueberrascht, dass um 3 Uhr nachts noch total viele Kinder und Jugendliche alleine da rum sprangen, sehr seltsam. Nuja, Start und Landung sind mir immer noch nicht ganz grün, aber waren sogar besser als beim ersten Flug. Zum Gerneflieger werde ich aber ganz bestimmt
nicht, dazu verrenke ich meine unteren Extremitaeten (Nein Freddy, damit meine ich meine Beine!) zu ungern. Frühstück gab es sogar auch, irgendwie Reis mit Kichererbsen in warm, sowie Scones und Marmelade. Immerhin geniessbar.
Ankunft in DEHLI
Okay, dann kam aber der harte Teil. Circa um 9:20 Ortszeit sind wir in Delhi gelandet.
Der Flughafen fühlt sich ein bisschen an wie aus den 70ern (was er wahrscheinlich auch ist), und Sean Connery als James Bond würde gleich um die Ecke beamen. Aber immerhin sicht-sauber (das Wort hab ich gerade erfunden, gut ne). Überglücklich haben wir vorm Gepäckband unser
gesamtes Reisegepäck vorgefunden, also wieder eine Sorge weniger. Dann ging's weiter zur Tourist Info, die uns verriet wo wir Zugtickets und ein Taxi zum Bahnhof bekommen. Am Zoll sind wir kurzerhand vorbei gerannt, weil ich der Meinung war wir haben nichts zu verzollen. Ben wollte ja unbedingt seinen Pakistanstein anmelden. Nach einer kleinen Erholungspause im Wartesaal des Flughafens, auf die klein Hanna wegen akuter Müdigkeit bestanden hatte, begaben wir uns zur Railway Ticket Station, die praktischerweise eine kleine Filiale am Flughafen unterhält. Ben versuchte sich in Konversation mit dem Sikh hinter der Scheibe und es kam sogar dabei heraus, dass wohl noch Züge fahren würden und auch sogar noch Plätze zu haben wären. *Freudentanz* Wir füllten eine Reservation aus und schoben 20 USDollar unter der Scheibe durch und schon hatten wir das Ticket für den Kalka Shadabdi Express um 17.15 Uhr von Delhi nach Chandigarh in der Hand.
Nachdem das zwar problemlos geklappt hatte, blieb uns aber immernoch ein Problem: wohin
sollen wir wenn wir in Chandigarh angekommen sind?! Da wir weder eine Adresse noch Telefonnummer noch sonstwas von unseren E-Mail-Kontakten hatten, kamen schon ein wenig Magenschmerzen beim Gedanken an die Ankunft in Chandigarh auf. Ok, wir zerren also unser Überlebensbooklet (AIESEC Chandigarh Preparation Pack) raus und suchen nach möglichen
Kontaktadressen. Tatsächlich werden wir fündig, die Telefonnummer des LCP von AIESEC Chandigarh steht drin. Wir sprechen also einen in der Ecke des Saals in einem großen kartonartigen Kabuff mit Aufschrift "Long distance calls" sitzenden Inder an, ob wir bei ihm nach D'land und Chandigarh telefonieren könnten und was das kosten würde. Er gab uns darauf hin ein Buch in das wir die Nummern schreiben sollten, über den Preis konnte oder wollte er aber nichts verraten. In Anbetracht der Tatsache, dass an dem einzigen weiteren ISD (=internationale Telefongespräche)-Karton in der anderen Ecke des Raums schon mindestens
864 Leute warteten, schien uns dieser Telefon-Karton die beste Alternative. Schaf Hanna und Schaf Ben folgten natürlich der Aufforderung in der Annahme dass wir die Nummer nicht per Hand eingeben können. Wie sich herausstellte, hätten wir das sehr wohl tun können aber so hatte der Telefontyp wenigstens einen Grund uns ein paar Rupees mehr abzuknöpfen. Nagut, für beide Telefonate habe ich am Ende 187 Rupees (etwas für 3 Euro) hingelegt, geht noch. Ich rief also den ersten AIESECer auf unserer Liste an, und Wunder oh Wunder man glaubt es kaum, ich habe ihn nicht nur gut verstanden, er versprach uns sogar dass jemand uns am Abend am Bahnhof abholen würde. Klein Hanna und klein Ben waren wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben so erleichtert wie in diesem Moment! Mit einer Sorge weniger rief ich dann noch zu Hause an wo mir eine schlaftrunkene Teresa ins Ohr hupte (zugegebenermaßen hatte ich auch nicht mehr daran gedacht, dass es zu der Zeit wohl gerade mal 7.30Uhr in D'land war *hehe*).
Nach der Telefonpflichterfüllung machten wir es uns erstmal in der Wartehalle gemütlich, denn der Zugticketmensch hatte uns geraten die 4h bis zur Abfahrt des Zuges besser am Flughafen zu warten, als am Bahnhof. Dies stellte sich nachher auch als unbezahlbarer guter Rat heraus. Hätte ich die gesamte Wartezeit am Bahnhof von Delhi zubringen müssen, säße ich jetzt sicher schon wieder im Flieger Richtung Frankfurt.
So langsam machte sich ein leichtes Durstgefühl in uns breit, dass sich im Laufe der Wartezeit zu einem Gefühl der Austrocknung steigerte, so dass wir todesmutig an einem der Food-Kartons nach Wasser fragten. Für 15 Rupees bekamen wir sogar eine versiegelte Flasche, wow. Paranoid wie wir als Uhiesige (schmalkaldisch für Fremde) sind, haben wir natürlich
erstmal eine Wasserentkeimungstablette in die Flasche geschmissen und eine weitere halbe Stunde gedurstet. Aber man könnte sich ja was einfangen ... aus einer versiegelten Flasche...
ööhh... bestimmt... Stört doch auch keinen dass das Wasser danach eigentlich nur noch nach Chlor schmeckt, hauptsache porentief rein. :-)
Als es dann gegen 14 Uhr ging, machten wir uns auf ein Prepaid-Taxi zu buchen, dass uns zum Bahnhof bringen sollte. Wir stolzierten als Lonely-Planet-Belesene natürlich direkt an den Marktschreiern vom Radio Taxi vorbei, direkt zum Delhi Tourist Development Taxi. Dort entschieden wir uns für 100 Rupees Aufschlag gegen Air Condition und blätterten 400 Rupees für die Fahrt hin. Dann ging es ab nach draussen, wo uns ein indischer Commodore erwartete. Gurte sucht man hier auf den Rücksitzen übrigens vergeblich. Knatternd und zischend machte sich das Taxi auf in den mörderischen New Delhi- Verkehr. Ich glaube behaupten zu dürfen, dass dies die einzige Möglichkeit ist, innerhalb von 45 min Fahrt in einem Taxi mindestens 45 Herzinfarkte zu bekommen. Nein, ich habe wirklich keine Ahnung wie das funktioniert, ob es irgendwelche Verkehrsregeln gibt, ob in diesen festgehalten ist, dass die Hupe als Äquivalent zum Blinker gesetzlich zugelassen ist, dass man bei Rot über die Ampel fahren sollte, obwohl da schon Autos aus der anderen Richtung fahren, oder ob es irgendwo eine Ergänzung zu den Verkehrsregeln gibt in denen steht, dass man pro umgefahrenen Mofa-Fahrer 100 Rupees Preisgeld bekommt. Aber irgendwie scheint es zu klappen, wir landeten blass aber sonst heile am Bahnhof, wo uns die indische Wirklichkeit nun in all ihrer Härte ins Gesicht schlug...
Der Hauptbahnhof von Delhi sollte wahrscheinlich nicht als stellvertretend für Indien angesehen werden, wie Delhi im allgemeinen nicht. Trotzdem muss man schon mehr als einmal sehr hart schlucken, wenn man die Haupthalle des Bahnhofs betritt. Inmitten der zusammengepferchten Menge auf dem Boden sitzender, oder herumstehender, schwitzender Leute mit Gepäckstücken, Reissäcken auf dem Kopf oder Plastiktüten zu den Füßen, muss man aufpassen, nicht über (hoffentlich nur) schlafende Strassenkinder, herumsitzende Babys, Bettler, streunende Hunde oder Taubenexkremente zu stolpern. Damit einher geht natürlich ein zuweilen beissender Geruch, der durch die Hitze nicht gerade verbessert wird. Wir kämpften uns eine Bahn durch die Menge und versuchten einen Hinweis auf das im Reiseführer beschriebene Tourist Info Center im 2. Stock des Bahnhofs zu finden. Nachdem wir die ersten
aufdringlichen Inder, die entweder unser Gepäck oder unser Geld oder auch beides wollten, abgeschüttelt hatten, erreichten wir das Info Center, was angenehmerweise über eine Klimaanlage verfügt. Am Helpdesk sagte man uns wir bräuchten keine zusätzlichen Formalitäten zum Ticket zu erledigen, obwohl uns der Mann am Flughafen gesagt hatte, wir
müssten uns irgendwo noch eine Confirmation einholen. Nagut, dachten wir uns, dann machen wir es uns hier erstmal auf dem Polstersitzen gemütlich und lassen uns die restlichen 2,5 h vom Ventilator berieseln.
Ha! Das denken auch nur dumme Deutsche! Keine 5 min nachdem wir uns niedergelassen hatten, wurden wir von einer sehr überzeugend wirkenden Inderin mit 2 noch überzeugender wirkenden grünen Männchen im Schlepptau angehalten das Office zu verlassen, wenn wir keine
Formalitäten mehr zu erledigen hätten. Na toll... Also wieder raus in die heisse stinkende Bahnhofluft, in der wir dann 1.5h auf Ben's Koffer sitzend zubrachten, abwechselnd nur schwitzend oder schwitzend und halbschlafend, bis uns ein besonders dreistes Exemplar eines
Möchtegern-Gepäck-"Trägers" in die Mangel nahm, dem wir nur durch einen erneuten Besuch der Tourist Info entkommen konnten. Dort hatte Ben die glorreiche Idee unsere Gepäck-Inder-Sorgen doch einfach am Helpdesk vorzutragen, und tatsächlich hatte man ein Einsehen mit uns armen Touristen und liess uns die restliche Stunde im Office verweilen.
Gegen 17 Uhr machten wir uns dann auf dem Weg zu Gleis 1, wo unser Zug auch schon auf uns wartete. Der Schicksalsgott meinte es gut mit uns, denn direkt vor uns befand sich auch schon uns Waggon, in dem wir schnell unsere Sitzplätze fanden. Nur Platz für unser Gepäck fanden wir nicht mehr. Aber wer braucht schon Beine? Die kann man ja in so einem Fall einfach unter seinem Koffer verstauen, nach einer Weile merkt man die eh nicht mehr. Vom Shadabdi Express kann man ansonsten eigentlich nur Gutes berichten, es gab Klimaanlage, breite bequeme Ledersessel, eine (versiegelte *freude*) Flasche Wasser und diverse Malzeiten an den
Platz gebracht. In 3h und 5min erreichten wir so um 20:20 Uhr Ortszeit Chandigarh. Zum Glück setzte sich neben uns ein ehemaliger General (?) der Indian Army, der nicht nur gut Englisch konnte, sondern uns netterweise auch Bescheid sagen wollte wenn wir in Chandigarh
angekommen sind (Durchsagen oder Haltestellen-Texttafeln gab es scheinbar in diesem Zug nicht).
CHANDIGARH
Zum Zeitpunkt unserer Ankunft war es bereits Nacht geworden, und wir hofften inständig nicht dort am Bahnhof verlassen in der Dunkelheit zu stehen... Doch AIESEC Chandigarh konnte uns doch noch überraschen. In der Bahnhofshalle empfingen uns 4 freundliche Gestalten, die sich als
AIESECer herausstellten. Wir waren gerettet! :)
Während meine Wenigkeit von einem Mädel namens Shiveni zu meiner Gastfamilie mitgenommen wurde, sollte Ben bei Virat unterkommen. Hier trennten sich also erstmal unsere Wege, aber darauf waren wir ja vorbereitet.
Zusammen mit dem ebenfalls gerade eingetroffenen Dänen Rolf und meinem e-Mail-Kontaktmann Puneet, machten wir uns auf dem Weg durch die nächtliche Stadt in den Sektor 49. Das hat übrigens den Vorteil dass man nicht mehr so genau sieht, wen man da beinahe über den Haufen gefahren hätte. Todmüde kamen ich so bei meiner jetzigen Gastfamilie an.
Wie es weiter ging, erfahrt ihr demnaechst auf diesem Sender...
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